
Mythos: Der Schattenwurf von Windrädern belästigt Anwohnende
Sobald neue Windräder in Planung sind, äußern Anwohnerinnen und Anwohner häufig Bedenken – etwa wegen möglicher Schatten, die durch die drehenden Rotorblätter entstehen. Tatsächlich kann sogenannter Schlagschatten unter bestimmten Bedingungen sichtbar sein. Doch der Effekt ist messbar, rechtlich geregelt und technisch steuerbar.
Wie Schattenwurf entsteht – und wie er berechnet wird
Schattenwurf entsteht, wenn die Rotorblätter eines Windrads bei direkter Sonneneinstrahlung das Licht periodisch unterbrechen. Für Anwohnende kann das als bewegter Schatten auf Fenstern oder im Wohnraum wahrgenommen werden.
Im Rahmen der Genehmigung einer Windkraftanlage wird der potenzielle Schattenwurf rechnerisch simuliert. Grundlage sind sogenannte Immissionspunkte – zum Beispiel Fenster eines Wohnhauses. Mithilfe von spezieller Software wird berechnet, wie oft und wie lange ein periodischer Schattenwurf an diesen Punkten auftreten könnte. Dabei wird von idealisierten Bedingungen ausgegangen: dauerhaftem Sonnenschein, durchgehendem Anlagenbetrieb und konstantem Wind. Das Ergebnis dieser Berechnung ist der sogenannte astronomisch maximale Schattenwurf – eine theoretische Obergrenze, die in der Realität fast nie erreicht wird.
Gesetzliche Grenzwerte: Wie viel Schattenwurf ist bei Windrädern zulässig?
Das Bundes-Immissionsschutzgesetz definiert klare Richtwerte für den zulässigen Schattenwurf:
- maximal 30 Minuten pro Tag
- maximal 30 Stunden pro Jahr
Diese Grenzen gelten je betroffenem Immissionsort. Entscheidend ist nicht die tatsächliche Beschattungsdauer, sondern die auf Basis der Modellrechnung ermittelte theoretische Maximalbelastung. In der Praxis sorgen Faktoren wie Wolken, Regen oder wechselnde Windrichtungen dafür, dass diese Werte deutlich unterschritten werden. Erfahrungswerte zeigen, dass reale Belastungen häufig im Bereich von 5 bis 10 Stunden pro Jahr liegen.

Was passiert bei zu viel Schattenwurf?
Überschreitet die berechnete Beschattung den zulässigen Wert, muss der Betreibende Maßnahmen ergreifen. In der Regel kommen automatische Abschaltsysteme zum Einsatz, die das Windrad gezielt in den betroffenen Zeiträumen außer Betrieb setzen. Diese Systeme berücksichtigen Sonnenstand, Uhrzeit, Wetterdaten und Standort.
Auch wenn mehrere Windräder gleichzeitig auf ein Gebäude einwirken könnten, wird das in der Planung berücksichtigt: Jede Anlage wird einzeln bewertet und so gesteuert, dass am jeweiligen Ort die Grenzwerte eingehalten werden.
Wann entsteht der Schattenwurf eines Windrads überhaupt?
Ein periodischer Schlagschatten entsteht ausschließlich bei direkter Sonneneinstrahlung. An bewölkten Tagen oder bei Niederschlag gibt es keine sichtbare Beschattung durch die Rotorbewegung. Auch in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden, wenn der Sonnenstand unter etwa 3 Grad über dem Horizont liegt, wird kein relevanter Schattenwurf mehr angenommen.
Diese natürlichen Faktoren sorgen dafür, dass der tatsächliche Schattenwurf im Betrieb oft weit unter dem rechnerisch möglichen bleibt.
Technisch gelöst: Warum der Schattenwurf kein Hindernis für Windkraft ist
Der Schattenwurf von Windkraftanlagen ist ein kontrollierbarer Effekt – und kein unlösbares Problem. Durch die Kombination aus exakter Planung, gesetzlichen Vorgaben und technischer Steuerung bleibt die tatsächliche Belastung gering.
Was in der Theorie wie ein Störfaktor wirkt, ist in der Praxis ein geregelter Aspekt moderner Windkraftplanung – präzise messbar, gut steuerbar und selten spürbar.